Reisebericht Mittel- & Südamerika 2018
Es hat zugegebenermaßen eine Weile gedauert, aber nun möchte ich doch ein bisschen von unserer Reise nach Mittel- und Südamerika 2018 erzählen. In unserem Reisevideo sind zwar einige Highlights zu sehen, allerdings bekommt man nicht wirklich einen Einblick in unseren tatsächlichen Alltag vor Ort.
Es ist auf jeden Fall eine Herausforderung, die Erlebnisse aus knapp einem Jahr im Ausland auf einen Nenner zu bringen. Ich möchte trotzdem so kurz und knackig wie möglich erzählen, was Chris und ich in den 11 Monaten so gemacht und erlebt haben – für alle, die es näher interessiert oder die vielleicht auch eine Reise in die Gegend planen.
Für alle, die keine langen Texte mögen
Um es kurz zu fassen: Wir haben in diversen Projekten gearbeitet (durchschnittlich 1 bis 2 Monate in einem Projekt) und sind dazwischen jeweils ein bis zwei Wochen gereist. Am Ende hatten wir dann noch eine längere Reise-Phase von ca. einem Monat.
Den Großteil unserer Zeit haben wir also an festen Standorten in Projekten verbracht, in denen wir in der Regel 25 Stunden in der Woche gegen Kost und Logis gearbeitet haben. Wir haben auf dieser Reise insgesamt 7 Länder bereist, in 5 Projekten gearbeitet, 2 Häuser und zahlreiche Tiere gesittet.
Die Vorgeschichte
Mein Freund und ich starteten unsere Reise von Berlin aus, wo wir etwa zwei Jahre gelebt und gearbeitet hatten. Wir beide waren auf der Suche nach alternativen Lebenskonzepten und neuer Inspiration. Wir sehnten uns nach der Verbindung zur Natur und nach dem Austausch mit gleichgesinnten Menschen.
Wir hatten bereits nach dem Studium drei Monate in Südafrika als Volontäre gearbeitet und kamen dadurch mit dem Thema Selbstversorgung und dem Konzept der Permakultur in Berührung, das uns seitdem fasziniert. Schnell war für uns klar: Wir wollten auf unserer kommenden Reise in erster Linie in Permakultur-Projekten arbeiten. Wir wollten wissen, ob und wie es andere Menschen bereits geschafft hatten, ein unabhängigeres, nachhaltigeres Leben im Einklang mit der Natur zu führen.
¡No hablamos Espagnol!
Mittel- und Südamerika hat uns auf Grund der vielfältigen Landschaften, des Artenreichtums und der verschiedenen Kulturen schon immer angezogen. Doch bisher hatte uns die Tatsache, dass wir kein Spanisch sprechen, immer von einer Reise dorthin abgehalten. Doch irgendwann dachten wir uns: Egal, wie machen’s trotzdem! Wir hatten uns vor der Reise ein paar Worte und einfache Sätze auf Spanisch beigebracht und uns dann einfach ins kalte Wasser gestürzt – in der Hoffnung, dass wir schon Spanisch lernen würden, sobald wir tagtäglich damit konfrontiert werden würden. Das war leider ein Irrtum.
Im Nachhinein muss ich zugeben, dass ein Spanisch-Intensivkurs vor der Reise vielleicht die bessere Option gewesen wäre! Wir sind trotz der Sprachbarriere immer ganz gut zurechtgekommen – mit Händen, Füßen und Google Translator – aber es wäre schöner gewesen, ein bisschen mehr mit den Einheimischen ins Gespräch zu kommen.
Und selbst alltägliche Situationen, wie die Suche nach der richtigen Busverbindung, können in ländlichen Gegenden, in denen wirklich niemand Englisch spricht, zum scheinbar unlösbaren Problem werden. Vor allem wenn alle schnell und undeutlich sprechen und es keine Fahrpläne gibt. Diese Situationen haben uns immer wieder zu schaffen gemacht und wortwörtlich zu Umwegen geführt.
Nach ein paar Monaten haben wir dann zumindest einen Großteil von dem verstanden, was gesagt wurde, und konnten dadurch alltägliche Situationen besser meistern. Richtige Gespräche auf Spanisch führen können wir aber bis heute nicht.
1. Mexiko
Unser erstes Reiseziel war Mexiko – genauer gesagt Cancun. Die ersten Wochen in Mittelamerika wollten wir entspannt angehen und uns erst mal akklimatisieren. In Cancun haben uns vor allem das türkisblaue Meer und die weißen Sandstrände begeistert.
Von dort aus sind wir mit dem Bus Richtung Süden nach Tulum gefahren. Dort hatten wir eine schöne, aber überteuerte Hütte in einem Backpacker-Hostel gemietet – inklusive Mangobaum, der uns jeden Morgen mit unglaublich süßen Früchte beschenkt hat!
Von der mexikanischen Küche waren wir eher enttäuscht. Es gab hauptsächlich Fast Food Imbisse mit Tacos und Burritos, die recht unspektakulär belegt wurden. In Tulum haben wir die Maya-Ruinen am Strand besichtigt, was allerdings auch eher enttäuschend war. Wie man sich hätte denken können, war der Ort überlaufen mit Touristen und hatte dadurch irgendwie seine Magie verloren.
Wir sind schnell weiter Richtung Süden gereist. Dort haben wir dann noch ein paar entspannte Tage am Strand verbracht, frischen Fisch zubereitet und Kokosnüsse geschlürft. Man kann sagen, dass wir die zwei Wochen in Mexiko wie typische Touristen verbracht haben. Das sollte sich ab Belize ändern.
2. Belize
Die Grenze nach Belize haben wir mit dem Bus überquert. Von dort aus ging es für uns direkt ins erste Projekt, das wir bereits im Voraus über Workaway gefunden hatten. In Belize bemerkten wir bereits auf der Busfahrt den afrikanisch-karibischen Einfluss: Aus den Boxen dröhnte laute Dancehall-Musik, die Menschen trugen Rastas oder Dreadlocks, die Busse waren mit bunten Graffitis besprüht. Die hügelige, dunkelgrüne Landschaft war dicht bewachsen und übersäht von Palmen, hin und wieder waren kleine Dörfer mit bunten Häuschen zu sehen.
Über Maps.me (Offline-Alternative zu Google Maps) hatten wir den Standort des Projekts in etwa einschätzen können. Wir sind dann irgendwo auf dem Highway ausgestiegen inmitten des belizianischen Dschungels an einem Mini-Shop, einer so genannten „Tienda“, von denen es in Lateinamerika an jeder Ecke eine gibt. Gegenüber dem Highway winkte uns ein Junge zu. Das war der Sohn von Chris, unserem Gastgeber für die nächsten Wochen.
Chris wohnte in einem kleinen bunten Häuschen aus der Kolonialzeit auf einem großen Grundstück mitten im Dschungel, welches er selbst restauriert hatte. Die Natur und die Geräuschkulisse war beeindruckend, überall surrte, brummte und zwitscherte es. Es gab viele verschiedene Vogelarten, unter anderem Kolibris, und natürlich wahnsinnig viele Insektenarten, zum Beispiel Zikaden, die jeden Tag um die gleiche Uhrzeit ein Konzert veranstalteten. Die Naturklänge wurden nur durch die großen Trucks unterbrochen, die in regelmäßigen Abständen direkt am Grundstück vorbeirasten. Auf dem Grundstück hatte Chris ein paar kleine Hütten gebaut: Eine Küche, eine einfache Dusche bestehend aus einem Wasserschlauch und einem Reifen als Auffangbecken, eine Komposttoillette, ein Hühnerstall und ein Baumhaus, in dem wir schlafen durften.
Das Baumhaus stand am Rande eines Flusses – oder besser gesagt Sumpfes – der mit Wasserpflanzen übersäht war, die wir täglich aus dem Wasser schöpften, um sie als Mulch für die Farm zu verwenden. Die Farm lag auf der anderen Seite des Flusses und beinhaltete zahlreiche Bäume, vor allem Kokospalmen und Bananen- bzw. Platano-Pflanzen (das sind Kochbananen), einige Gemüsefelder und Beerensträucher.
Die Arbeit auf der Farm war schweißtreibend. Es fiel uns anfangs schwer, uns an die harte körperliche Arbeit, die unglaublich vielen Moskitos und Black Flies (Sandfliegen) und an das feuchtheiße Klima zu gewöhnen. Wenn man in der Erde buddelte, war man stets von einem Schwarm penetranter Insekten umgeben. Obwohl wir lange Klamotten trugen, was auf Grund der Hitze schon unangenehm genug war, verarzteten wir jeden Abend unsere zahlreichen Stiche an Armen, Beinen und insbesondere Knöcheln, die anscheinend besonders attraktiv auf die Black Flies wirkten. Black Flies stechen im Gegensatz zu Mosquitos nicht – sie beißen. Diese winzigen Bisswunden jucken ungemein.
Auf der Farm arbeiteten wir nach den Prinzipien der Permakultur: Nichts wurde verschwendet, alles wurde in den natürlichen Kreislauf zurückgeführt. Wir arbeiteten mit den Ressourcen die wir hatten, bauten Wälle aus Kokosnusschalen, mulchten mit Wasserpflanzen und Laub. Wir ernteten Kokosnüsse, Bananen, Platanos, Suriname-Kirschen, Orangen, Jackfruits und ab und an legten die Hühner mal ein Ei. Zusätzlich hatten wir Reis, Nudeln und Gemüse vom Markt da. Wir backten regelmäßig Brot und kochten Marmelade aus Suriname-Kirschen und Bitterorangen.
An den Wochenenden unternahmen wir einige Ausflüge. Unter anderem besichtigten wir Maya-Ruinen, verbrachten ein paar Tage am Strand und wanderten zu einem Wasserfall mitten im ursprünglichen Regenwald, an dem wir unter freiem Himmel an einem Lagerfeuer übernachteten. Dieser Teil von Belize ist einer der artenreichsten Fleckchen Mittelamerikas mit dem höchsten Leoparden-Vorkommen. Mit den Leoparden hatten wir zum Glück keine direkte Begegnung in freier Wildbahn – wir hatten lediglich deren Fußspuren entdeckt.
Unglücklicher Weise hatte Chris’ Kamera, die er sich erst kurz vor der Reise gekauft hatte, während wir in Belize unterwegs waren einen nicht reparablen Systemfehler und war seitdem nicht mehr nutzbar.
Chris hat sich dann in Guatemala eine Ersatzkamera zugelegt, die allerdings bei weitem nicht an die Qualität seiner ursprünglichen Kamera herankam. Da das schon ganz am Anfang unserer Reise passiert ist, haben die allermeisten unserer Reise-Fotos leider nicht die Qualität und Auflösung, die wir uns gewünscht hätten. Hinzu kam auch noch, dass Chris seitdem einen schweren Kamerarucksack mit Objektiven und Equipment herumschleppen musste, die allesamt nutzlos für uns waren.
Chris hat sogar mit dem Gedanken gespielt, die Reise aus diesem Grund abzubrechen. Wir haben vergeblich versucht, die Kamera vor Ort reparieren zu lassen. Letztendlich haben wir es geschafft, die Kamera nach Deutschland zur Reparatur zu schicken. Die reparierte Kamera konnten wir uns aus diversen Gründen aber nicht mehr während der Reise zuschicken lassen. Zum Glück haben wir uns dazu entschieden, trotzdem weiterzureisen.
3. Guatemala
Unsere Reise führte uns weiter Richtung Süden nach Guatemala. Wir hatten zwar schon ein halbes Jahr im Voraus Kontakt zu verschiedenen Projekten über Workaway aufgenommen, in Guatemala hatten wir aber für diesen Zeitraum noch kein passendes gefunden. Spontan bekamen wir eine Zusage aus einem Projekt in der Nähe von Livingston an der Ostküste Guatemalas. Es handelte sich auch um ein Permakultur-Projekt, das langfristig zu einer kleinen Gemeinde mit Übernachtungsmöglichkeiten für Touristen ausgebaut werden sollte.
Nach Livingston gelangten wir mit einem Boot – das multikulturelle Städtchen hatte keine Straßenanbindung. Zum Projekt führte ebenfalls nur der Weg übers Wasser. Mit einem weiteren Boot überquerten wir einen breiten Fluss und wurden am Steg von einem Nachbarn zum Grundstück geführt. Englisch sprach hier keiner der Einheimischen.
Der Besitzer des Grundstücks wohnte nicht vor Ort, dafür drei „Lang-Zeit-Volontäre“ – einer aus den USA, einer aus Kanada und eine aus Brasilien.
Es gab ein Hauptgebäude mit einer einfachen Küche und einer Werkstatt sowie drei große Zelte, die als Schlafplatz dienten. Die Gebäude und Zelte bestanden aus Bambus, mit dem hier hauptsächlich gebaut wird, und recycelten Plastikplanen. Innerhalb der Zelte gab es keinen befestigten Boden, nur zwei erhöhte Bambusflächen, auf denen fünf Zentimeter schmale Matratzen ausgelegt waren.
Das Grundstück war riesig und beinhaltete zum Großteil naturbelassenen Regenwald, einige Felder, einen kleinen selbstgebauten Staudamm und einige Trampelpfade die unter anderem zu von Fledermäusen bewohnten Tropfsteinhöhlen führten.
Die Arbeit wurde sehr ernst genommen – fünf Stunden durchackern war hier angesagt. Mal waren wir damit beschäftigt, den Dschungel davon abzuhalten, alles zu überwuchern, mal pflanzten wir Bäume ein oder brauten natürliche Insektizide. Hauptsächlich bauten wir allerdings Wälle an steilen Hängen, die gegen die Erosion helfen und als Grundlage eines „Foodforests“ dienen sollten – ganz im Sinne der Permakultur. Die Arbeit in der Hitze der Mittagssonne an den steilen Berghängen war so ziemlich das körperlich Anstrengendste, das ich jemals gemacht habe.
Zu essen gab es das Nötigste: Reis, Linsen, Kokosnüsse und Platanos, die reichlich auf dem Grundstuck wuchsen, und etwas Gemüse aus der Stadt. Da das Gemüse recht schnell ausging und die Stadt nur mit dem Boot erreichbar war, mussten wir mit den Platanos kreativ werden. Es gab Platanos gekocht, gebraten, als Marmelade, als Süß-Sauer-Soße, als Pfannkuchen, als Brot uns so weiter. Zum Frühstück, Mittag- und Abendessen.
An den Wochenenden haben wir ab und zu kleine Wanderungen unternommen, meistens waren wir aber in Livingston. Ehrlicherweise hauptsächlich, um in Hostels mit richtiger Matratze, Ventilator und Wifi übernachten zu können – was für ein absoluter Luxus!
Chris und mir ging es zwischendurch gesundheitlich schlecht, wir waren beide nacheinander krank. Als sich mein Zustand verschlechterte, waren wir im „Krankenhaus“ in Livingston, das eher wie ein heruntergekommenes Gemeindehaus aussah. Die Ärztin sprach leider kein Wort Englisch, die verschriebenen Medikamente wirkten nicht. Ein paar Tage lag ich komplett flach und konnte nichts essen, danach brauchte es zwei, drei Wochen, bis es mir langsam besser ging.
Nachdem wir zwei Monate im Projekt verbracht hatten, bahnte sich über Workaway die perfekte Gelegenheit an: House-Sitting am See Atitlan. Wir reisten mit dem Boot aus Livingston ab und fuhren anschließend mit dem Bus über Guatemala-Stadt an den schönen Vulkansee. Die Landschaft am See Atitlan ist wirklich atemberaubend. Im Haus unserer Gastgeberin angekommen, blieben wir zwei Nächte, dann fuhren wir mit dem Boot zu ihrem zweiten Grundstück. Ein mit Blumen, Bäumen und Gemüse bepflanzter Hang führte hinauf zu einer Villa. Diese durften wir für etwa einen Monat hüten – inklusive Katze.
Es handelte sich um ein Off-Grid-Haus mit Solaranlage und Wasserpumpsystem. Wir mussten sehr vorsichtig sein, nicht zu viel Wasser, Strom oder Gas zu verbrauchen. Die nächste Stadt war nur mit dem Boot erreichbar und ein eigenes Boot hatten wir nicht. Wenn es Probleme mit den Systemen gab, waren wir also auf uns selbst gestellt. Und natürlich gab es zahlreiche Probleme.
Neben dem Prüfen und Reparieren der Solar- und Wassersysteme, gossen wir täglich den Garten, säuberten das Haus und fütterten die Katze Misha, ein sehr eigensinniges Geschöpf. Die Besitzerin bestand darauf, dass wir uns drei Tage vorsichtig an sie annäherten – ja nicht berühren! Nach einigen Tagen haben wir uns aber so gut mit Misha verstanden, dass sie zwischen uns im Bett schlief. Die Freizeit tat uns gut, genau das hatten wir nach der anstrengenden Arbeit im letzten Projekt gebraucht. Von der Terrasse aus hatte man einen phänomenalen Blick auf den See und die umliegenden Vulkane.
Ab und zu ließen wir uns mit dem Boot in die nächste Stadt fahren, um auf den einheimischen Märkten Obst und Gemüse zu kaufen. Aber nie zu lange – in die Villa konnte ja schließlich eingebrochen werden, wenn wir nicht da waren.
Unseren Aufenthalt in Guatemala haben wir mit dem Besuch der Tikkal-Ruinen abgeschlossen, eine der bedeutendsten Maya-Stätte, die bis heute nur zu ca. 10 Prozent erschlossen ist. Die Busfahrt von Guatemala-Stadt aus dauerte hin und zurück etwa 22 Stunden. Aber es hat sich gelohnt. Die Ruinen liegen mitten im Dschungel, sind teils noch überwuchert und sind glücklicherweise nicht so überlaufen, wie die Maya-Stätten in Mexiko. Dafür gibt es dort umso mehr wilde Tiere zu beobachten.
4. Panama
Begeistert von dem Konzept des House-Sittings suchten wir auf Workaway entsprechende Angebote in Panama. Und wir wurden fündig: Etwa zwei Monate hüteten wir dort ein großes Haus inklusive Pool und drei Hunden.
Auch dieses war sehr abgelegen. Eine kleinere Tienda war in 30 Minuten Fußweg zu erreichen, zum regulären Supermarkt musste man 1,5 Stunden mit dem Bus fahren. Demensprechend mussten wir gut planen, was unsere Lebensmittelversorgung anging. Wenn uns das Gemüse vom Supermarkt ausging, konnten wir immerhin noch Mangos, Bananen und Kokosnüsse vom Grundstück ernten. Die Mangos hatten gerade Hochsaison, als wir ankamen. Wir wurden also mit den köstlichen Früchten regelrecht überhäuft!
Das Grundstück war ebenfalls im Dschungel gelegen und man hörte immer wieder die Brüllaffen ringsum. Außerdem lag es nicht weit vom Meer entfernt. Ein schöner Sandstrand war in 40 Minuten zu Fuß zu erreichen.
Die drei Hunde, die wir gesittet haben, waren einfach außergewöhnlich. Wir sind wirklich zu einer kleinen Familie geworden und denken noch heute oft wehmütig an sie zurück. Die drei haben uns manchmal den letzten Nerv geraubt, meistens aber einfach nur zum Lachen gebracht.
Der kleine fast-noch-Welpe Money hat gerne an allem gekaut, was er zwischen die Zähne bekam, hatte eine Wasser-Phobie und ist immer wieder ausgebüchst. Laika, die älteste der drei, lag meistens depressiv herum. Ihre Stimmung änderte sich aber schlagartig, wenn sie den größten, dreckigsten Stock weit und breit gefunden hatte. Dann hörte sie nicht auf zu bellen, bis man ihn ihr geworfen hat. Bimbo war mein Lieblingshund. Wir nannten ihn den „Zirkushundi“ – selbstbewusst sprang er auf alle möglichen Flächen, streckte stolz seine Zunge heraus und badete liebend gerne in Schlammpfützen. Er war etwas pummelig, klaute gerne das Futter der anderen und war sehr beleidigt, wenn er nicht im Mittelpunkt stand.
Ab und zu hatten Gäste das Haus für ein, zwei Nächte über AirB’n’B gebucht. Dann haben wir alle Räume gründlich geputzt, Betten bezogen, Terrassen, Balkon und Pool gereinigt und sind mit den Hunden vorübergehend in ein kleines Häuschen am Rande des Grundstücks gezogen.
Alles in allem war die Zeit in Panama sehr ruhig und entspannt. Wir haben viel gelesen, waren täglich im Pool schwimmen und haben viel gekocht und gebacken. Auch Kokosmilch haben wir selbst hergestellt, die frisch zubereitet einfach himmlisch schmeckte.
5. Kolumbien
Unser nächstes Reiseziel war Kolumbien. Von Panama-City aus flogen wir an die Nordküste Kolumbiens und fuhren mit dem Bus direkt ins nächste Projekt. Wir hatten bereits vor der Reise Kontakt zu den beiden Gründern Russ und Sandrine und wollten unbedingt dort arbeiten, weil sie einen Permakultur-Theoriekurs für Volontäre anboten. Das würde unsere praktische Erfahrung gut ergänzen.
Schon die Anreise zum Projekt war abenteuerlich: Wir ließen uns von einem kleinen Dorf aus mit zwei Motortaxis über steinige Feldwege in die Berge des Sierra Nevada Gebirges fahren. In manchen Flecken dieses Gebirges leben noch Ureinwohner, die vermutlich noch nie einen Ausländer gesehen haben.
Die kurvige, teils steile und von kleinen Bachläufen durchzogene Strecke auf Motorrädern mit großen Backpacks zu fahren war ziemlich riskant. Am Grundstück angekommen lag noch eine kleine Wanderung vor uns, bis wir eine Ansammlung von Hütten erreichten. Diese bestanden aus Lehm, Holz, Palmblättern und Plastikplanen und hatten keinen befestigten Boden. Wir hatten mal wieder die Regenzeit erwischt, wie schon öfter im Laufe der Reise. An regnerischen Tagen versank man selbst innerhalb der kleinen Hütten im Schlamm, deren Dächer alles andere als dicht waren.
Es waren viele verschiedene Volontäre aus aller Welt am Projekt beteiligt – bis zu zwanzig Stück waren jeweils dort, jede Woche kamen und gingen welche. Täglich wurden die anstehenden Aufgaben neu verteilt: Stachelige Ananaspflanzen von Unkraut befreien, Wege oder neue Bauflächen mit dem Spaten begradigen, Beete pflegen und mulchen, Baumstämme schleppen. Dass die Arbeit körperlich wieder anstrengend werden würde, hatten wir bereits erwartet.
Jeder hatte wöchentlich zudem eine andere Aufgabe für die Gemeinschaft zu erledigen. Da gab es zum Beispiel jemanden, der sich um das Feuer in der Küche kümmerte, dessen Rauch Moskitos abhalten sollte (was nicht wirklich funktionierte, es gab einfach zu viele von den Mistviechern), jemand, der sich um das Befüllen des Wasserfilters kümmerte und den „Poo-Master“. Das war derjenige, der die ehrenvolle Aufgabe hatte, täglich den Eimer unter dem kunstvoll geschnitzten Thron, der als Toilette diente, an einem möglichst entfernten Ort ausleeren durfte. Yummy!
Das Projekt war auch komplett Off-The-Grid, abgeschnitten von der Außenwelt und hatte weder Strom- noch Wasserversorgung. Es gab eine Solaranlage, deren Strom gerade mal dazu reichte, die Handys der Volontäre und einiger Einheimischer zu versorgen, die regelmäßig zu Besuch kamen. Letztere kleideten sich noch traditionell, trugen weiße Gewänder und liefen Barfuß, besaßen aber tatsächlich Handys und Laptops – ein seltsames Bild!
Die selbstgebaute Wasserleitung aus provisorisch
zusammengesteckten Schläuchen, die den nahegelegenen Fluss anzapfte, brach
immer wieder auseinander. So mussten wir meist das Wasser in Eimern vom Fluss
schöpfen, zur Kochstelle tragen, abkochen und anschließend filtern – ein
langwieriger Prozess. Da bekommt man schon ein ganz anderes Gespür für den
Luxus fließenden Leitungswassers.
Trotz des Aufwands war wohl irgendetwas im Wasser, das fast allen Neuankömmlingen
eine „24-Stunden-Krankheit“ bescherte: Für einen Tag lagen die meisten
Volontäre mit Übelkeit und Erbrechen flach, auch wir beide. Am Folgetag hatten
es die meisten aber glücklicher Weise hinter sich.
Russ lebte mit Frau und Kind schon seit ein paar Jahren an diesem Ort, den sie mit der Hilfe etlicher Volontäre aufgebaut hatten. Er hielt ca. jeden zweiten Tag eine Stunde am Nachmittag einen Permakultur-Theoriekurs. Wir hörten interessiert zu, schrieben fleißig mit und entdeckten viele Parallelen zu unserer bisherigen Arbeit.
Wir blieben bis zum Ende des Kurses, der sich über zwei Wochen verteilte, und verbrachten dann noch zwei, drei Wochen an der karibischen Nordküste Kolumbiens am Strand. In Palomino, einem beliebten Örtchen für Backpacker und Surfer, ließ es sich wirklich gut aushalten.
Von dort aus fuhren wir mit dem Bus nach Medellin. Unser nächstes Projekt wartete bereits auf uns: Wir hatten über Workaway ein Paar mit Catering-Unternehmen gefunden, das Hilfe im Garten benötigte. Als Gegenleistung bekamen wir ein Zimmer mit bequemem Bett und eigenem Bad – was für ein Luxus! Das Klima dort war weniger tropisch, abends wurde es angenehm kühl. Im Garten wuchs daher auch Gemüse, was ich super fand! In den bisherigen Projekten war es durch das tropische Klima kaum möglich, Gemüse anzupflanzen. Die kultivierbaren Pflanzen im Dschungel beschränkten sich in erster Linie auf tropisches Obst und ein paar Wurzelgemüse, wie Yucca und Maniok, sowie Bohnen und Kürbisse.
Im Gegensatz dazu wuchsen hier in den etwas höher gelegenen Gegenden um Medellin Brokkoli, Zucchini, Kohl, Salate, Radieschen und vieles mehr. Wir waren hauptsächlich damit beschäftigt, neue Beete anzulegen, alte von Unkraut zu befreien und zu mulchen. Nicole und Jeff, unsere Gastgeber, waren Köche und experimentierten viel mit Fermentation. Es gab Kombucha, eingelegtes Gemüse, selbst geräuchteres Fleisch und Sauerteigbrot. Manchmal waren Freunde zu Besuch da, mit denen wir des Öfteren grillten. Außerdem hatten Nicole und Jeff einen Hund und eine Katze, die beide sehr verschmust waren.
6. Peru – Teil 1
Unsere Reise führte uns weiter Richtung Süden nach Peru. Wir wollten unbedingt den Amazonas-Regenwald besichtigen. Von Iquitos aus buchten wir eine 4-tägige Tour durch den Pacaya-Samiria-Park. Es handelt sich um ein großes Naturschutzgebiet, das über einen Nebenfluss des Amazonas mit dem Boot zu erreichen war. Auf eigene Faust durfte man das Naturschutzgebiet leider nicht erkunden.
Wir fuhren tagsüber immer weiter in den Park hinein und zelteten jede Nacht an einem anderen Ort. Je weiter wir mit dem Boot fuhren, desto artenreicher wurde unsere Umgebung. Wir sahen verschiedenste Affenarten, Flussdelfine, Riesenotter, Faultiere, diverse Spinnen und Schmetterlinge, unglaublich viele Pflanzenarten und riesige Bäume. Wir badeten im gleichen Fluss, in dem wir Piranhas angelten. Wir fuhren nachts in der Dunkelheit mit dem Kanu in kleine Nebenflüsse, um nach nachtaktiven Tieren Ausschau zu halten. Nur der Mond und unsere Taschenlampen ließen einige Umrisse erkennen. Wir glitten so geräuschlos wie möglich auf dem Wasser dahin, das nachts wie schwarze Tinte aussah. Es war einerseits unheimlich aber andererseits strahlte die Natur so eine unglaubliche Ruhe aus, schwer zu beschreiben! Die Tour hat sich auf jeden Fall gelohnt – trotz extrem hoher Moskitodichte. Selbst zwei Kleidungsschichten und Anti-Mücken-Creme konnten die Viecher nicht davon abhalten, unsere Körper von oben bis unten mit Stichen zu versehen.
Im Anschluss ging es für uns zum letzten Projekt unserer Reise. Dieses erreichten wir von Lima aus nach einer 15-stündigen Busfahrt über die Anden, auf der mir trotz Tabletten gegen die Höhenkrankheit unglaublich schlecht wurde. Wir hatten uns mal wieder ein abgelegenes Projekt ausgesucht. Julie und Fladie, unsere Gastgeber, lebten mit ihrem 5-jährigen Sohn Patchi auf einem großen Grundstück inmitten von Ananasplantagen. Dort hatten sie sich eine Hütte gebaut, die einen großen Gemeinschaftsschlafraum mit Küche und Esstisch beinhaltete, außerdem Komposttoiletten, einfache Duschen, eine Werkstatt, einen großen Hühnerstall und eine selbstgebaute (!) Wasserkraftanlage. Zukünftig sollte eine kleine, möglichst autarke Wohnsiedlung auf dem Grundstück entstehen.
Wir halfen hauptsächlich bei der Renovierung der Werkstatt, kleideten diese mit Holzwänden aus, gossen Pfeiler aus Beton und halfen dabei, den Kern der Wasserkraft-Anlage mit Magneten auszustatten. Das Essen bestand, wie gewohnt, aus ein paar Grundnahrungsmitteln, Kartoffeln, Reis, Gemüse und Obst. Zudem gab es Eier und ab und zu wurde ein Hahn geschlachtet. Und nicht zu vergessen: Es gab Avocados im Überfluss. Wir waren genau richtig zur Hochsaison der leckeren Früchte gekommen. Die Avocado-Bäume standen in der Nähe des Flusses, der durch einen kleinen Fußmarsch einen steilen Hang hinunter zu erreichen war.
Auch in diesem Projekt blieben wir mal wieder nicht von den Moskitos verschont. Julie und Fladie hatten außerdem eine Katze und einen Hund. Letzterer wurde so schlimm von den Stechviechern geplagt, dass er regelmäßig verzweifelt jaulte und wimmerte. Der 5-jahrige Patchi kam mit den Moskitos hingegen problemlos zurecht. Er hielt mit seiner aufgeweckten Art alle auf Trab.
Im Anschluss an das Projekt sind wir weiter durch Peru gereist. Wir fuhren über Silvester nach Ica und besuchten von dort aus einen Canyon in der Wüste (Canon de los Perdidos) und das Paracas-Reservat an der Westküste. Von dort aus ging es mit dem Bus weiter in Richtung Süden nach Cabanaconde in das Colca-Gebirge mit einer der tiefsten Schluchten des Landes. Die Luft war dort so dünn, dass wir uns dazu entschieden, nicht in die Schlucht hinunter, sondern nur daran entlang zu wandern. Die Ausblicke waren wirklich grandios. Die Landschaft dort ist eher karg, es ist trocken und kalt – also genau das Gegenteil zu dem Klima, das wir gewohnt waren.
7. Bolivien
Mit dem Bus fuhren wir weiter zum Titicaca-See. Wir überquerten dort die Grenze zu Bolivien und blieben zwei, drei Nächte im total überlaufenen Örtchen Copacabana. Von da aus ging es über die Hauptstadt La Paz nach Uyuni, dem Ausgangsort für Touren in die Salzwüste.
Auf der Busfahrt merkten wir schnell, dass die Menschen hier in Bolivien deutlich ärmer lebten, als in den Gegenden, die wir bisher bereist hatten. La Paz und die umliegenden Dörfer sahen aus wie eine riesige trostlose Baustelle. Die Häuser bestanden aus Backsteinen, hatten Plastikfenster, fast keines war fertiggestellt oder hatte eine Fassade.
Uyuni war offensichtlich dank des Tourismus finanziell besser gestellt. Es gab dort zahlreiche hochpreisige Restaurants. Von Uyuni aus haben wir eine 4-tägige Tour mit einem Jeep in die Salzwüste unternommen. Die Landschaften Boliviens sind wirklich unbeschreiblich schön, man fühlt sich wie auf einem anderen Planeten. Weitläufige Salzflächen, die wie ein endloses gefrorenes Meer aussehen, Berge mit bunten Gesteinsschichten, seltsame Felsformationen, schwefelhaltige Seen mit Flamingos, Geysire und brodelnde Krater. Wir haben unter anderem in einem Hotel aus Salzblöcken übernachtet und waren im Morgengrauen in heißen Quellen baden. Die Tour durch die Salzwüste ist auf jeden Fall zu empfehlen, man sollte sich aber warm einpacken!
8. Peru – Teil 2
Am Titicacasee entlang sind wir mit dem Bus wieder zurück nach Peru gefahren. Unser letztes Reiseziel war Cusco.
Cusco ist natürlich sehr touristisch, keine Frage, aber trotzdem ein interessantes Städtchen mit viel Geschichte. Kulinarisch hat es auch einiges zu bieten für alle, die es ausgefallen mögen. Während es an der Küste Perus überwiegend Seefood gibt, bevorzugt man im Landesinneren Alpaca- und Meerschweinchenfleisch. Dabei handelt es sich aber eher um Deliaktessen zu besonderen Anlässen. Die üblichen Gerichte bestehen aus einfachen Gemüsesuppen und Reis mit Hühnchen.
In den höher gelegenen Regionen Perus und Boloviens werden sehr viele Llamas und Alpacas gehalten und es gibt auch noch wilde Verwandte von ihnen, die Vicunias. Demensprechend gibt es in Cusco und Umgebung, im soganannten Sacred Valley der Inkas, zahlreiche Webereien und Shops mit Kleidung aus deren Fellen.
Innerhalb des Sacred Valleys haben wir zahlreiche Inka-Ruinen besucht, wirklich beeindruckende Bauten aus riesigen wohlgeformten Steinen. Man weiß bis heute nicht genau, wie die Menschen Felsbrocken in dieser Größe transportieren, formen und aufeinander stapeln konnten.
Unser letztes Reiseziel war das abgelegene Örtchen Aguas Calientes, Ausgangsort für Besichtigungen der wohl bedeutendsten Inka-Stätte Macchu Picchu. Die Busfahrt dorthin über die Berge war abenteuerlich – oder besser gesagt lebensgefährlich. Schmale, teils einspurige Straßen schlängelten sich in Serpentinen an steilen Abhängen entlang. Das letzte Stück sind wir zu Fuß gelaufen. Von Aguas Calientes aus sind wir früh morgens mit dem Bus losgefahren, um direkt bei Öffnung am Eingang des Macchu Picchu zu sein. Zunächst war es neblig, dann aber öffnete sich der Wolkenvorhang und präsentierte eine atemberaubend schöne Berglandschaft mit zahlreichen Inka-Ruinen. Auch wenn ich mich anfangs gesträubt hatte, das Touristen-Ziel Perus schlechthin zu besuchen, muss ich zugeben, dass der Ort etwas Magisches hat!
Das war sie, unsere Reise…Von Cuszo aus sind wir über Kolumbien zurück nach Deutschland geflogen.